Sonntag, 20. September 2009

MMORPG

In meinem alltäglichen Eifer nach kulinarischer Erfüllung fühle ich mich von Wortkonstruktionen, die nur den Umleitungsgeplagten Synapsen von Werbemenschen entspringen können, umzingelt.
Althergebrachte Bezeichnungen sind heutzutage eher fehl am Platz. Nicht unbedingt, weil sie “unhip” sind, eher weil sie Ihre praktische Kapazität verloren haben. Keiner versteht sie mehr.


So sprang mich am frühen Nachmittag doch aus dem Hinterhalt eine “Kartoffel- Raukesuppe” an, die weniger mit Todesangst als mit freudiger Überraschung begegnet wurde. Ich fragte sogleich den Herrn Oberkellner, ob er sich dessen bewusst sei, was er dort in seiner löblichen Arbeitwut rasch an die rustikale Schiefertafel schrieb. “Natürlich”, kam mir entgegen, “Ich hätte ja auch Rukola schreiben können, aber das machen wir hier nicht,”. Fassungslos ob der schieren Euphorie, dass es noch mehr Leute gibt, die diesen frühen Fall des Rebrandings in der deutschen Cuisine wissen und beschämt das Gesicht verdecken, wurde der Triumphzug des damaligen Unkrauts geordert.

Wir finden uns in einer Zeit, die anmutet als wenn jemandem der Beutel mit Scrabblesteinchen ausgerutscht wäre, oder in der die heutige Spielekultur allen Anscheins nach jede Art der Genrebezeichung, die mehr als einen Vokal auf fünf Konsonanten vorzuweisen hat, geteert und gefedert aus der Stadt gejagt und Ihre Existenz vor zukünftigen Generationen geleugnet wird.
Ob es an der Kastration unseres Gedächtnisses durch Youtube und Twitter auf die Aufnahmefähigkeit eines Goldfisches liegt, dass wir keinen Ego-Shooter mehr spielen, sondern einen FPS (First Person Shooter) oder TPS (Third Person Shooter), keine Online Rollenspiele mehr zu finden sind, sondern nur noch MMORPGs (Massive Multiplayer Online Role Playing Games*) ist wohl eher in der angelsächsischen Spielergemeinde zur Frage zu stellen.
Aber durch die voranschreitende Globalisierung lege ich mir schonmal einen Vorrat Buchstabensuppe zu.

*Sollte man sich die Zeit nehmen, um einen Schritt Abstand zu nehmen, so merkt man, dass die Abkürzungen für Genres da sind, die fast so elaboriert sind wie die Rückseite deutscher Süßigkeiten. *hustschaumgebäckaufwaffelbodenmitschokoladenüberzughust*

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